Am letzten Tag, dem Tag der Wohnungsübergabe, besuchten wir noch einmal unsere Nachbarin. Sie lud uns an ihren Küchentisch, und erzählte ein wenig, unter anderem, dass sie auch einige Jahre in unserer Wohnung gelebt hat, vor etlichen Jahrzehnten. Amüsant war die Randbemerkung, und das war für uns ja unvorstellbar, dass es eine Zeit gab, in der das ja auch aus diesem Blog sattsam bekannte SWR-Gebäude einmal überhaupt nicht existiert hat. Stattdessen, so erzählte unsere Ex-Nachbarin, war dort ein Catcherzelt aufgebaut, das wohl irgendwie noch zu den Cannstatter Wasen gehörte (welches ja eigentlich ein paar Hundert Meter weiter stattfindet, aber wer weiss, wie das damals alles aufgebaut war). Von unserem, also ihrem, Wohnzimmer hatte man wohl eine schöne Aussicht auf diese halbnackten, verschwitzten Männer, und es war wohl eine Schau, wie man so sagt.
Daran musste ich heute abend denken, als ich diesen Artikel über Kirmesboxer las, und wollte der Sache auf den Grund gehen. Leider kam ich nicht sehr weit, da ist wohl ein Stück Lokalgeschichte verloren gegangen. Überliefert ist lediglich eine kurze Anekdote des schwäbischen Schreibers Joe Bauer, den es nach einem miserablen Tatort vor einigen Monaten (auf den Tag genau am ausgerechnet) in die Neckarstraße verschlug:
In den siebziger Jahren saß ich in der Neckarstraße hie und da beim „Roten Dieter“ im Hotel Köhler. Der Mann aus dem Milieu erzählte mir von den Catchern, die während ihrer Shows auf dem Wasen bei ihm logierten, und ich hatte den Eindruck, in der Neckarstraße war was los.
Da endet meine Spurensuche bislang, dabei fand sich jedoch etwas ganz anderes Bemerkenswertes in dem Text:
Von dem irischen Dichter und Nobelpreisträger Samuel Beckett – er hat in den Achtzigern für den SDR gearbeitet – stammt der Vers: „Vergesst nicht beim Stuttgart-Besehen / die Neckarstraße zu gehen. / Vom Nichts ist an diesem Ort / der alte Glanz lange fort. / Und der Verdacht ist groß / hier war schon früher nichts los.“
Das hielt ich zunächst natürlich für komplett ausgedacht, dass sich Samuel Beckett nun genau zu dieser Straße derart geäußert haben soll, denn das ist genau eben jene Straße, über die auch ich immer mal wieder gleiches zu berichten wusste, nämlich zum Beispiel hier und viel besser noch hier. Es stimmt aber: Sowohl Samuel Beckett als auch ich kamen unabhängig voneinander zu der Erkenntnis, dass die Neckarstraße derart zu meiden sei, dass man das schriftlich festhalten müsse.
(Ein paar alternative Übersetzungen des Beckett’schen Neckarverses finden sich hier. Die dritte finde ich stark.)
ha wie cool! scheint ein besonderer ort zu sein.
Da kann ich (fast) mithalten: Der Quaster von den Puhdys wohnte mal in dem Haus unser alten Wohnung im Friedrichshain und wurde dort immer von seinem Vater verprügelt. In diesem Super Illu-Artikel steht’s. Als wir 2003 gerade frisch eingezogen waren, gab es sogar eine Titelseite im Berliner Kurier, auf dem Quaster auf unser Haus zeigte. Daneben der (ungefähre) Schriftzug: „PUHDY“ QUASTER: HIER WURDE MEINE KINDHEIT ZERSTÖRT. Ist schon irre manchmal, das alles.
Menschen, die auf Häuser zeigen, halten auch Behörenbescheide in die Kamera.
@Sebstian: Naja, weil sie das halt vorher in der BILD-Zeitung gesehen haben, dass das so gemacht wird.
Böh, wenn man mitten im Satz diesen noch ändert, sollte man sich vorher angucken, was man bereits geschrieben hat. Das erste „das“ soll keine Remineszenz an meine norddeutsche Herkunft sein, sondern ist schlicht und ergreifend überflüssig.
Übrigens möchte ich an dieser Stelle ganz uneigenützig für meinen neuen Blog über mein Jahr in Mexiko spammen: vivamejicocabrones.wordpress.com 😉
Ich habe da oben auch einige „das“ zuviel, das kommt glaube ich von Regener. Und es freut mich sehr, wieder was von dir lesen zu können. Wie Du drüben schon schriebst, für Off-topic-Kram steht Dir mein Blog natürlich offen 🙂
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